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Der Motor EA896 im Abgasskandal – Schadensersatz ist möglich

Auch der Motor EA896, der in zahlreichen Audi Modellen verbaut ist, ist in den Abgasskandal verwickelt. Nach Urteilen des Bundesgerichtshofs haben es Betroffene nun einfacher, ihren Anspruch auf Schadensersatz durchzusetzen.

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Christian Rugen
Christian Rugen

Rechtsanwalt Christian Rugen ist Partner von HAHN Rechtsanwälte. Der Hamburger hat zahlreiche Grundsatzentscheidungen zu Gunsten von geschädigten Verbrauchern und Bankkunden erkämpft.

BGH erleichtert Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen

Am 26.06.2023 fielen am Bundesgerichtshof drei weitere Urteile im Dieselskandal. In einem davon, Verfahren VIa ZR 533/21, war das betroffene Fahrzeug ein Audi. Genauer das Modell Audi SQ5 Allroad 3.0 TDI mit dem Motor EA896 Gen2Bit und der Abgasnorm Euro 6.

In diesem und den weiteren Fällen machte der BGH deutlich, dass nun auch ohne, dass dem Hersteller eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nachgewiesen werden kann, ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen kann. Nämlich dann, wenn der Hersteller fahrlässig eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut hat.

Und dass sich im Motor EA896 nicht nur eine, sondern gleich mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen befinden, steht eigentlich außer Frage. Dies ist dann bereits ausreichend, um Schadensersatz zu bekommen. Dabei verbleibt das Fahrzeug beim Besitzer. Der Hersteller, in diesem Fall also Audi, muss jedoch eine Entschädigung zahlen. Diese liegt laut BGH bei 5-15% des Kaufpreises. Denn das Fahrzeug war aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung entsprechend weniger wert.

EA896: Rechtliche Entwicklung

Der EA896 ist in den Abgasskandal verwickelt. Stand zunächst nur der VW Motor EA189 im Fokus des Skandals, folgte inzwischen auch der Nachfolgemotor EA288. Und nachdem es immer mehr Rückrufe und Urteile für größere 3.0 Diesel von VW, Audi und Porsche gab, wurde klar – auch der EA896 und der EA897 stecken tief drin im Abgasskandal.

Schadensersatz aufgrund von vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

Wie es auch beim EA189, dem ersten Dieselskandal Motor, der Fall war, dauert es, bis sich Käufer eines Audis mit EA896 Motor vor Gerichten durchsetzen können. Großes Aufsehen erregte im Sommer 2019 das OLG Karlsruhe mit seiner Entscheidung, ein Sachverständigengutachten einzufordern. Darin sollte geklärt werden, ob die Motoren EA896 und EA897 mit der Abgasnorm Euro 5 über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügen. Konkret ging es in dem Fall um einen Audi A4 3.0 Liter TDI und einen Audi Q5 V6 3.0 Liter TDI. Modelle mit dem EA896 waren bereits mit stark erhöhten Stickoxidwerten auf der Straße aufgefallen. Diese weisen auf eine unzulässige Abschalteinrichtung hin. So vermutete das OLG Karlsruhe dann auch, dass der Motor über das Thermofenster verfügt – eine mittlerweile auch vom BGH als unzulässige Abschalteinrichtung eingestufte Funktion.

Landgerichte sprechen Schadensersatz bei EA896 zu

In der Zwischenzeit haben bereits zahlreiche Landesgerichte Schadensersatz bei manipuliertem EA896 Motor zugesprochen. Zunächst das Landgericht Lüneburg mit Urteil vom 17.12.2019 (AZ: 10 O 158/19). Betroffen war hier ein Audi SQ5 3.0 TDI mit EA896 Motor. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass das Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt. Der Kläger kann das Fahrzeug deshalb zurückgeben und erhält den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, erstattet. Mit einem Urteil vom 28.02.2020 folgte das Landgericht Ingolstadt (AZ: 51 O 926/19). Hier war der Kläger selbst davon ausgegangen, dass in seinem Fahrzeug der EA897 verbaut sei, doch im Verfahren selbst klärte Audi auf, dass es sich tatsächlich um den EA896Gen2Bit handele. Das Gericht sprach trotzdem Schadensersatz zu! Im Audi SQ5 plus mit der Abgasnorm Euro 6 befinde sich eine unzulässige Abschalteinrichtung, so das Gericht. Der Kläger sei gemäß §826 vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt worden. Auch die Landgericht Köln, Nürnberg-Fürth, sowie Wuppertal sprachen bereits Schadensersatz zu.

OLG Naumburg verurteilt bei EA896

Der Durchbruch auf Oberlandesgerichtsebene erfolgte mit dem Urteil des OLG Naumburg vom 18.09.2020. Das Gericht hatte sich bereits zuvor mit einem Hinweisbeschluss wie folgt geäußert: In dem Motor EA896Gen2 seien gleich vier Abschalteinrichtungen verbaut, von denen zwei laut KBA unzulässig seien. Da die Audi AG dies bisher nicht widerlegen konnte, ging das Gericht vom Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen aus. Deshalb stehe dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu. Er müsse sich allerdings eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Diese Auffassung wurde schließlich mit dem Urteil bestätigt. Das OLG Naumburg verurteilte die Audi AG aufgrund einer unzulässigen Abschalteinrichtung (der schnellen Motoraufwärmfunktion) zu Schadensersatz. Das Gericht äußerte dabei deutliche Kritik an der Audi AG. Diese habe interne Studien zur Aufdeckungswahrscheinlichkeit verschiedenen Abschalteinrichtungen erstellen lassen und dabei eine heimliche und manipulative Vorgehensweise gezeigt, so das Gericht.